Wie bin ich hier gelandet…?

In meinem Leben waren diese Themen – Musik, Begegnung, kulturelle Entwicklung, die heilenden Kräfte der Natur und sozialer Wandel – immer miteinander verwoben: Nach dem Abitur ging ich zum Klavierstudium an die Musikhochschule. Gleichzeitig befürchtete ich, ein Musiker im Elfenbeinturm zu werden, der ständig studiert und sich mit der Schönheit alter Musik beschäftigt, ohne Verbindung zu den Bedürfnisse unserer Zeit…? Dann stieß ich auf IDRIART: Iniative for the Development of Intercultural Relationships through Art (Initiative zur Entwicklung interkultureller Beziehungen durch Kunst), geleitet von dem slowenischen Geiger Miha Pogacnik. Ich nahm an seinen Festivals teil, die an Orten stattfanden, an denen Kriege oder Konflikte wüteten oder gewütet hatten, wie zum Beispiel auf dem Balkan. Er stand zwischen den Flüchtlingen und spielte Bachs Partitas, und das inspirierte mich enorm. Er zeigte, dass es wirklich wahr ist: Kunst und Musik können Menschen zusammenbringen. Ich wurde aktiv in der Organisation von IDRIART, begann selbst Workshops zu geben, in denen ich Klaviermusik spielte und mit dem Publikum die tieferen Weisheiten erforschte, die darin verborgen waren. Währenddessen setzte ich mein Studium an der Musikhochschule fort. Parallel dazu studierte ich ein Jahr Geschichte an der Universität Utrecht. Ich kam in Kontakt mit Melaine McDonald, einer Eurythmistin, und begann, ihre Auftritte als Pianist zu begleiten, in halb Europa und später auch in Russland und Amerika. Durch einen Auftritt bei einer Jugendtagung in Ann Arbor, Michigan (USA), lernte ich Dennis Klocek kennen, einen weisen Lehrer, der in Sacramento (Kalifornien) einen Kurs in Persönlichkeitsentwicklung, Achtsamkeit avant la lettre und phänomenologischer Beobachtung anbot, genannt Goethean Studies. Nach meinem Hochschulabschluss 1998 ging ich nach Kalifornien, um diesen Kurs zu belegen, unterbrochen von Tourneen. Im Sommer 1999 war ich an der Organisation einer großen Jugendtagung in Kalifornien beteiligt, bei der Dennis der Hauptredner war.
Bei meinem Konzertexamen in Amsterdam spielte ich ein Stück des zeitgenössischen Komponisten Elmar Lampson, der selbst anwesend war. Sein Bruder Holger war der Gründer des Musikseminars Hamburg, einer privaten Musikhochschule (und damals Ehemann von Melaine McDonald). Er bat mich, nach Hamburg zu kommen und das Grundstudienjahr zu leiten. Also zog ich von Kalifornien nach Hamburg und arbeitete acht Jahre lang am Musikseminar, wo ich auch Mitglied im Leitungsteam wurde. Ab 2002 studierte ich parallel dazu Orchesterdirigieren an der Hochschule für Musik Hamburg. Nachdem ich mehr als sieben Jahre lang mit Begeisterung jungen Menschen bei ihren ersten Schritten in Richtung Berufsmusiker geholfen hatte, war es die Anziehungskraft des großen Repertoires, der mich dazu brachte, als Korrepetitor (Pianist) und Kapellmeister an Theatern in Deutschland zu arbeiten. Ich arbeitete in Osnabrück, Flensburg und Bielefeld, wo Oper, Schauspiel, Tanz/Ballett, Kindervorstellungen und Sinfoniekonzerte aufgeführt werden. Hier habe ich täglich mit Sängern gearbeitet, am Klavier, im Orchester, als Dirigent, bei den Regieproben für die Oper. Und mit den vielen anderen Menschen, die in einem solchen Theater zusammenarbeiten: Bühnentechniker, Verwaltung, künstlerische Leitung, Chor- und Orchestermitglieder, Schauspieler, Tänzer…. Ein unglaublich vielfältiger Arbeitsplatz. Ich hatte das Privileg, viele wunderbare Opern zu dirigieren: von Mozarts Zauberflöte über Puccinis Tosca bis zu Wagners Tannhäuser. Am Theater Bielefeld wurde ich auch Studienleiter, d.h. ich war für die Einstudierung von Partien mit den Sängern und für die tägliche Planung der Proben für Pianisten und Sänger verantwortlich. Ich war auch an der langfristigen Planung des Repertoires und der Besetzung von Solisten beteiligt. Meine eigenen Produktionen hatten einen Schwerpunkt auf dem Repertoire des 17. und 18. Jahrhunderts, so dass ich auch viel Cembalo und Fortepiano spielte. Doch all diese Verantwortlichkeiten forderten einen hohen Preis. Ich war immer anspruchsvoll und kritisch gegenüber mir selbst und fühlte mich oft unzureichend. Das führte zu großer Unsicherheit und auf lange Sicht zu immer mehr Stress. Ich fühlte mich auch von meinem unmittelbaren Vorgesetzten nicht gut unterstützt. Langsam wurde mir klar, dass ich hier nicht bleiben konnte. Vorsichtig begann ich, über andere Beschäftigungen nachzudenken
Zufällig (?) stieß ich auf die Ankündigung einer Ausbildung zum Mediatior, den der Vater einer ehemaligen Klassenkameradin aus der Schule leitete. Ich fühlte mich dazu sehr angezogen und beschloss, mich dafür anzumelden. Die ersten Module kombinierte ich noch mit meinem Job beim Theater, den ich inzwischen gekündigt hatte (zum Ende der Spielzeit).
Fortsetzung folgt…